
Opernfahrt: In die Stadt der Liebe
3. Dezember 2025Brecht!? Eine episch-musikalische Spurensuche.... unter der Regie und Mitwirkung von Patric Seibert.
Unser Vorstandsmitglied Michael Stolle hat die Inszenierung für uns besprochen
Zu Beginn eine Mauer aus 32 Papp-Quadern. Ist es die Mauer des Vergessens, die
Mauer der unumstößlichen Wahrheiten (die bald darauf umgestoßen werden)? Ist es
die Berliner Mauer, die genau fünf Jahre nach des Dichters Tod errichtet wurde?
Mit der Behauptung „Ich bin Brecht!“ (die sogleich mit Sentenzen des Dichters
untermauert wird) eröffnen in grotesker Slapstick-Manier drei Schauspieler einen
zweistündigen Brecht-Abend. Der bietet – trotz fehlender „Handlung“ – alles, was
gutes Theater zu bieten hat: Vergnügen, Unterhaltung im besten Sinne, Belehrung,
Nachdenklichkeit – und die Erinnerung an allseits bekannte (vielleicht auch
vergessene?) Texte eines der großen Dichter des vergangenen Jahrhunderts.
„Ändere die Welt, sie braucht es.“ – „Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns / Vor
uns liegen die Mühen der Ebenen.“ – „Die Häuser sollen nicht brennen / Bomber sollt
man nicht kennen.“
Nicht ausgeklammert wurden Brechts Äußerungen zum Aufstand des 17. Juni 1953,
den Brecht einerseits als faschistischen Putsch bezeichnete – andererseits aber
ironisch die Regierung aufforderte, sich doch ein neues Volk zu wählen!
Grelle Blitze der Erkenntnis zuckten bei der expressionistischen und allzu aktuellen
„Legende vom toten Soldaten“. Sinnlichkeit verströmte das „Lied vom Surabaya-
Johnny“ in der Interpretation von Susanne Jansen.
Wann hört man das Brecht-Eislersche „Solidaritätslied“ so eindringlich und authentisch
interpretiert wie von Patric Seibert – obwohl (oder weil) er gerade nicht den legendären
Ernst Busch imitiert.
Berührend die „Seeräuber-Jenny“ von Barbara Dussler. Und ebenso eindringlich der
„Salomon-Song“, gesungen von Susanne Jansen. Überhaupt: die geniale Einheit von
Brechts Texten mit Kurt Weills Musik in der „Dreigroschenoper“! Man ging mit dem
eingängigen Foxtrott-Rhythmus des „Kanonensongs“ in die Pause.
Nach der Pause ein freundlich-intellektuelles Arbeitsgespräch – Brecht hätte seine
Freude gehabt. Ging es im ersten Teil laut und deftig zu, überwogen im zweiten Teil
die leisen Töne und nachdenklichen Passagen. Die „Pappel von Karlsplatz“ verströmte
Freundlichkeit, und das Gedicht „Vergnügungen“ zeigte Brechts private Seite jenseits
von Politik und Theater.
Es war ein toller Abend: das allseits Bekannte in neuem Kontext zu sehen und zu
hören. Eine raffinierte und auf den Punkt gebrachte konzentrierte Text-Collage. Ein
hoch engagiertes, vitales, textgenaues, musikalisches Ensemble. Ein virtuoser,
einfühlsamer Klavierbegleiter: Felix Lemke. Und der Regisseur, Dramaturg, Darsteller
und Sänger Patric Seibert ganz offenbar in seinem Element.
Bei der „Kinderhymne“ – die einmal als deutsche Nationalhymne im Gespräch war –
stimmte ein Teil des Publikums mit ein: „Anmut sparet nicht noch Mühe / Leidenschaft
nicht noch Verstand / Dass ein gutes Deutschland blühe / Wie ein andres gutes Land.“
Natürlich fehlte als Zugabe der populärste Brecht-Song nicht: „Die Moritat von Mackie
Messer.“
Nur eine Traurigkeit: wo blieb das junge Publikum? Ist ihm Brecht abhanden
gekommen? Man wünscht diesem Abend viele ausverkaufte Vorstellungen vor
Menschen jeden Alters. Denn dieser Brecht hat uns immer noch und immer wieder viel
zu sagen!
MSt 08.11.2025
Die nächsten Termine:
Do., 04.12.2025 18:00 Uhr bereits ausverkauft
Di., 10.02.2026 19:00 Uhr
Fr., 15.05.2026 19:30 Uhr












